Unterhaltsamer Stammtisch mit einem Europa-Buch

Lockere Gespräche, aktuelle Informationen zu Vereinsangelegenheiten und – vor allem – eine interessante Buchvorstellung, das alles gab´s beim Stammtisch der LGPZ am Montag in Cafe Vielfalt. Zum Jahresthema passend wurde Martin Winters Europa-Buch „Das Ende einer Illusion“ vorgestellt.

Im Klappentext heißt es: „Martin Winter, viele Jahre Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Brüssel, gibt Antworten, die vielschichtig und einfach zugleich sind: Die EU hat sich mit dem Euro und mit der gemeinsamen Außenpolitik übernommen. Die Politik hat ihre Kraft zur Einigung des Kontinents überschätzt, und den Widerstand der Völker dagegen unterschätzt. Noch gibt es Chancen für das Projekt Europa, aber dann muss die Union neu gedacht werden, nüchterner und realistischer. Und sie muss Ballast abwerfen.“

Das Buch überzeugt mit breitem Erfahrungswissen, mit Hintergrund-Erläuterungen zu bekannten politischen Vorgängen, mit der Einordnung wichtiger Zahlen und Fakten, vor allem mit vielen politischen Fragestellungen und der Beschreibung von Widersprüchen. Es lässt dabei nie die Grundfrage aus dem Blick, wie kann Europa verbessert werden, ja wie kann es gerettet werden?

Am Ende des Buches stellt Martin Winter sechs Reform- bzw. Rettungsideen vor, über die es sich auf jeden Fall nachzudenken lohnt.

  • Eine gemeinsame Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpoltik sei nicht in Sicht, eine freiwillige Einhaltung allgemeiner Standards nicht möglich. Deshalb müsse es ein System von Zuckerbrot und Peitsche geben mit der Möglichkeit, dass ein Land aus der Euro-Zone aussteige. Der Staatsbankrott eines Mitgliedslandes müsse möglich sein. Es müsse aber auch einen Fond geben, um Ländern in schwierigen Veränderungsphasen unter die Arme greifen zu können.
  • Die NATO solle die europäische Sicherheitsagentur werden. Dann müsse man keine eigene Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf die Beine stellen.
  • Da sowieso jedes Land seine eigene Außenpolitik betreiben wolle, könne man den außenpolitischen Apparat der EU verkleinern.
  • Eine gründliche Reform des europäischen Apparates in Brüssel müsse zu einer Reduzierung führen. Es gebe genug „Totholz“, was sich herausschlagen ließe.
  • Bei der Erweiterungspolitik solle zunächst mal eine Pause eingelegt werden, bis die gegenwärtigen Probleme bearbeitet seien.
  • „Um Europa stabilisieren und stärken zu können, muss es, auch wenn sich das paradox anhört, wieder stärker an die nationale Ebene gebunden werden.“ Europa-Fragen müssten stärker in den nationalen Parlamenten diskutiert werden und möglicherweise Abgeordnete aus den nationalen Parlamenten Teil des Europaparlaments werden.

Also, wirklich ein sehr informatives Buch, nachdenkenswert vieles und vor allem lohnend, über Reformen in Europa zu debattieren. Absolut lesenswert.

Martin Winter, Das Ende einer Illusion, Europa zwischen Anspruch, Wunsch und Wirklichkeit, Süddeutsche Zeitung Edition, München 2015

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