Phoenix-See

Bei der Themenreise des Jahres 2013 ging es um das Thema: “DAS ANDERE RUHRGEBIET“ . Gemeint ist das Ruhrgebiet, wie man es so nicht unbedingt kennt, nämlich das „neue Ruhrgebiet“, wie es sich für die Zeit nach Kohle und Stahl aufstellt. Ein Ruhrgebiet  mit der Grundlage von Energie und Industriearbeit, aber immer stärker von Wissenschaft und Dienstleistungen geprägt. Es ist ein Ruhrgebiet, in dem Wohnen und Freizeit immer bedeutsamer geworden sind.

Sichtbaren Ausdruck findet diese Entwicklung beispielsweise in der Konversion von Grundstücksflächen, die bis vor kurzem noch als Gelände für ein Hüttenwerk oder Stahlwerk genutzt wurden wie das ehemalige Hoesch- Hüttenwerk im Zentrum von Dortmund Längst ist das riesige Hüttenwerk an Ort und Stelle abgebaut und in China wieder aufgebaut worden . Nunmehr ist an gleicher Stelle – mitten in der Stadt Dortmund – der Phönix-See entstanden, ein Freizeit -, Segler- und Wohnzentrum , das höchsten Ansprüchen an die Lebensqualität in einer Stadt genügt. Bei einem Gespräch im benachbarten neuen Industriepark für Start-up-Technologieunternehmen wurde herausgestellt, dass im Dienstleistungsbereich neue Arbeitsplätze entstehen, aber kaum für die Menschen, die in der Stahlindustrie ihren Arbeitsplatz verloren haben und längst nicht so viel, dass 60.000 Arbeitsplätze ersetzt werden könnten. Dennoch ist die Dortmunder Stadtentwicklung ein positives Beispiel für den Strukturwandel.

Einen weiteren Höhepunkt der Informationsreise bildete das Gespräch mit dem Vorsitzenden des Stiftungsrates der Stiftung Ruhrkohle AG in Essen, Herrn Dr Werner Müller (Ex-Wirtschaftsminister). Aufgabe der Stiftung ist es, die nach der Schließung der Zechen fortbestehenden Lasten, „Ewigkeitslasten“, zu finanzieren. Dazu gehören z.B .die Kosten die erforderlich sind, um Tag und Nacht das Grundwasser im ehemaligen Zechengebiet abzupumpen. Anderenfalls würde an Stelle des Ruhrgebietes eine Seenlandschaft entstehen und die Stadt Essen in einem annähernd zehn Meter tiefen See versinken. Zum Teil werden diese „Ewigkeitskosten“ durch die Erträge durch die Chemie-Unternehmenssparte „Evonik“ finanziert. Von besonderer Aktualität in dem Gespräch mit Dr. Müller wären die wirtschaftlichen Verflechtungen, die sich bei einer Kapitalbeteiligung der Stiftung an dem Unternehmen Thyssen/Krupp ergeben würden . Herr Dr .Müller betonte in diesem Zusammenhang die Aufgabe der Stiftung, die in der Abwicklung des Bergbaus und der Sicherung des dazu erforderlichen Kapitals, nicht aber in der Förderung des Strukturwandels mit der Sicherung bestehender und der Schaffung neuer Arbeitsplätzen an der Ruhr besteht.

Was der Phönix-See für Dortmund ist , das ist der Innenhafen für Duisburg und die Marina in Bergkamen mit Anschluss an das europaweite Wassernetz über den Datteln-Hamm-Kanal. „Wirtschaften , Wohnen und Freizeit“ am Wasser an Stelle von „Ruß, Dreck und Qualm“ prägen „Das andere Ruhrgebiet“ mit einem“ blauen Himmel über der Ruhr“ . Natürlich braucht dieser Wandel Zeit und erfordert hohe Investitionen auch und gerade von der öffentlichen Hand. Es ist deshalb keine Überraschung, wenn die Finanzen der Städte im Ruhrgebiet häufig mehr als angespannt sind. Grundsteuern mit einem Hebesatz von mehr als 500 Prozentpunkten (z.Vgl. Lemgo 430 v.H.) sind deshalb keine Ausnahme.

Natürlich ist die Integration vieler Menschen aus anderen Kulturen ein altbekanntes, aber immer wieder neu zu lösendes Problem. Deshalb besuchte die Reisegruppe die Moschee in Duisburg-Marxloh. Der Vorsitzende des Integrationsrates der Stadt Duisburg schilderte die gegenseitigen Bemühungen zu einer verständnisvollen und verträglichen Nachbarschaft der verschiedenen Kulturen. Er sah Duisburg dabei auf einem guten Weg. Die Moschee wurde als eine offene und tolerante Einrichtung dargestellt. Als Kontrastprogramm beschrieb der Bürgmeister der Stadt Bergkamen vielfältige Integrationshemmnisse, zum Teil mit regelrechten Parallelgesellschaften, die es nicht selten am Bildungswillen für ihre Kinder fehlen ließen.

Besonders beeindruckt waren die Teilnehmer von der Vielfalt der Aktivitäten auf dem Weg zu dem „anderen Ruhrgebiet“. Sie konnten sich an dem Beispiel der Rheinelbe-Halde in Gelsenkirchen eine Vorstellung davon machen, wie aus ehemaligen Bergehalden der Zechen charakteristische „Landmarken“ geworden sind , die dem Gebiet an der Ruhr ein neues, unverwechselbares Gepräge als Forst- oder Kunstdenkmal geben. Nicht erst in der Nachfolge als europäische Kulturhauptstadt versteht sich das Gebiet an Rhein und Ruhr als die dichteste Kunst- und Kulturlandschaft der Welt.

Von der internationalen Beachtung, die „Das andere Ruhrgebiet“ dabei findet, konnten sich die Reiseteilnehmer auch bei dem Besuch der Performance Installation „Stifters Dinge“ überzeugen, die im Rahmen der diesjährigen Ruhrtrienale aufgeführt wurde. Für alle Beteiligten war es ein herausragendes Ereignis, zu erleben, wie in einer Maschinenhalle – so groß wie die Glückauf-Kampfbahn von Schalke 04 – des ehemaligen Hüttenwerks im Landschaftspark Duisburg-Nord modernste Elektronik neue Möglichkeiten der Präsentation sichtbarer und hörbarer Kunst eröffnet . Von allen Teilnehmern wurde das experimentelle Bemühen vorbehaltlos gelobt.

Ein Schwerpunkt der Reise waren die kulturellen Initiativen, die den Strukturwandel an der Ruhr unterstützen. So wurde über die Förderung der Theaterlandschaft berichtet und ein Besuch im Gasometer Oberhausen mit der Christo-Ballonkonstruktion schloss sich an. Eine musikalische Lesung mit Ruhrgebietsliteratur sorgte im polnischen Restaurant „Gdansk“ für Nachdenklichkeit und Amusement. Keine Reise, in welches Ruhrgebiet auch immer, kann auf „Die Currywurst“ im Revier verzichten. Auch die Teilnehmer an der Themenreise „Das andere Ruhrgebiet“ haben deshalb dieses obligatorische Gericht probiert ,,angeleitet durch die Testbewertung. die der Starkoch Nelson Müller im WDR-Lokalfunk Essen abgegeben hat. Der Genuss und die Qualität der besonders ausgezeichneten Currywurst waren noch lange das Gesprächsthema der politischen Feinschmecker aus Lippe.

Vorsitzender Hermann Haack lobte zum Abschluss, dass auch diese Reise wieder eine Fülle beeindruckender Anregungen gegeben habe, viele Zukunftsfragen beleuchtet und neue Erkenntnisse gebracht habe. Es gelte nun zu überlegen, welche dieser Anregungen auch in der lippischen Diskussion vertieft werden könnten. Er dankte dem Organisator, Friedrich-Wilhelm Held, unter großem Beifall aller Teilnehmer für die inhaltliche Planung und hervorragende Organisation der Reise.

Hier eine Dia-Show von der Reise

 

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