Sie sind schon seit Jahrzehnten in der Gewerkschaft. Wir befinden uns in einer Phase rasanter Veränderungen in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung. Haben die Gewerkschaften darauf überhaupt noch Einfluss?
Doch, aus eigener Erfahrung als IG-Metaller kann ich sagen, der Einfluss ist groß. Wir sind ja nicht gegen die Digitalisierung, wir wollen sie mitgestalten. Wir tun das immer wieder in internen Projekten und entsprechenden Betriebsvereinbarungen zur Arbeitsplatzgestaltung, zum Beispiel auch – wie zuletzt – zur Einbeziehung mobiler Arbeit.
Erkennen die Arbeitgeber die Vorteile der Einbeziehung der Arbeitnehmerinteressen an?
Ich glaube schon. Sie erkennen schon, dass Veränderungen ohne die Zustimmung der Belegschaft und vor allem auch ohne deren Ideen schwierig werden. Wichtig ist, auch bei unterschiedlicher Sichtweise und unterschiedlichen Interessen, genügend Vertrauen aufzubauen.
Oft ist es so, dass aus Profitinteressen schnell über Arbeitsplatzabbau nachgedacht wird. Intelligente andere Wege kommen dann oft erst garnicht in den Blick. Aber da liegt dann die Aufgabe von uns Betriebsräten und den Gewerkschaften. Wir, auch bei uns im Unternehmen, und die Gewerkschaften insgesamt haben da schon oft viel bewegt. Es wird allerdings in der Öffentlichkeit oft nicht genügend wahrgenommen. Die Gewerkschaften haben auch ein Marketingproblem.
Wie hoch ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad in ihrem Unternehmen. Spielt Solidarität überhaupt noch eine große Rolle.
Der Organisationsgrad liegt zurzeit bei 48 Prozent und war tatsächlich schon mal höher. Das Bewusstsein von Solidarität nimmt ab, überall, gucken sie sich in der Gesellschaft um. Alles scheint Einzelnen möglich. Gemeinsames Handeln tritt in den Hintergrund. Entsolidarisierung gehört zum System. Auch Vereinen fehlt oft engagierter Nachwuchs. Die Leute sind es kaum noch gewohnt,, gemeinsam Probleme zu bearbeiten. Vielleicht müssten die Schulen durch neue Lernformen da noch mehr tun als bisher.
Wenn wir auf die Zukunft der Arbeit schauen, gibt es nicht die große Gefahr, dass im Zuge der Digitalisierung zum einen menschliche Arbeit immer stärker ersetzt wird und dass zum anderen die Kluft zwischen Hochqualifizierten und Niedrigqualifizierten immer größer wird?
Die aktuellen Tarifabschlüsse weisen in die richtige Richtung, wenn die Wochenarbeitszeit flexibler und niedriger wird. Diese Entwicklung wird weiter gehen müssen. Zum anderen muss gezielt über das Arbeiten mit Assistenzsystemen nachgedacht werden, wo unterschiedlich Qualifizierte trotzdem gut zusammenarbeiten. Entscheidend ist natürlich die ständige Weiterbildung für jeden Beschäftigten. Die muss ermöglicht und garantiert werden.
Sie sind in ihrer Freizeit Kampfsportler. Sie sind Taekwondo-Sportler. Sind sie auch in anderen Lebensbereichen ein Kämpfer?
Der Sport gibt mir insgesamt eine größere Ruhe – auch in anderen Bereichen. Es geht mir nicht so sehr um technische Seite des Sports mit sportlichen Wettkämpfen, sondern eher um die philosophischen Ideen, die damit verbunden sind. Ich möchte eher ein „Kampfkünstler“ sein.
Mögliche Ziele zur Selbstverteidigung sind bestimmte Nervenpunkte und spielen in Kampfauseinandersetzungen natürlich eine Rolle, um beispielsweise einem Angreifer zu widerstehen. Aber ich habe mich unter anderem ausbilden lassen zum „Nervenpunktpraktiker“ , um die heilenden Wirkungen mit diesen Kenntnissen zu verfolgen. Bei uns gilt im übrigen der Leitsatz: „Jeder Kampf, den du vermeiden kannst, ist ein gewonnener Kampf.“
Das Interview führte Rolf Eickmeier.
Interessant sicher auch ein Youtube-Film: „Weidmüller – aus der Sicht des Betriebsrats Robert Chwalek“