Ja, das Projekt „Lemgo digital“ eröffnet viele Chancen. Das Miteinander in der Stadt kann dadurch erleichtert und verbessert werden. Das machte Projektleiter Jens-Peter Seick in der „Politik-am-Samstagvormittag“-Veranstaltung in der Volkshochschule überzeugend deutlich. Am Ende der anschaulichen Präsentation mit vielen Fragen und wichtigen Diskussionsanstößen gab es große Übereinstimmung, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen, Wünsche und auch Kritik unbedingt in das Projekt einbringen sollten. Allerdings müssten auch die Grenzen sowie die Anforderungen und Auswirkungen des Projekts im Blick behalten werden. Es gehe immer auch um die Ausbildung von Medienkompetenz und die kritische Anwendung digitaler Angebote. Genau dabei haben die Lippische Gesellschaft für Politik und Zeitgeschichte und die Volkshochschule wichtige Aufgaben, fasste LGPZ-Vorsitzender Hermann Haack zusammen.
Jens-Peter Seick hatte zunächst die vier Handlungsfelder des Projekts dargestellt. Lemgo solle „Real-Labor“ sein, damit Veränderungen im städtischen Leben ausprobiert und ausgewertet werden könnten, um immer aus diesen Erfahrungen neue Schlüsse zu ziehen. Dabei ginge es zunächst einmal um die weitere Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Eine Optimierung der Stadtbusnutzung sei sicher wichtig, die aber auch im Zusammenhang mit dem Autoverkehr gesehen werden müsse. Dies sei durch Bürgerbefragungen als wichtig bestätigt worden.
Deshalb gebe es bereits eine App, durch die Busgäste jederzeit den Standort der Busse und die Ankunft an der Haltestelle ermitteln könnten. Auch die Informationen der Busfahrer untereinander werde dadurch möglich gemacht. Damit der Autoverkehr weniger durch Suchverkehre und falsches Parken blockiert werde, würden freie Parkplätze durch Sensoren registriert und per App dargestellt. Auch damit habe man bereits begonnen.
Wichtig sei sicher auch die Anpassung der Geschäfts- und Unterhaltungsangebote an neue Herausforderungen. Selbstverständlich eröffnen digitalisierte Verfahren ganz neue Möglichkeiten. So ist zum Beispiel der Online-Handel aus der Geschäftswelt nicht mehr wegzudenken. Andererseits möchte aber viele Menschen in der Stadt etwas Interessantes erleben – schon beim Einkaufen und natürlich in Kneipen und Restaurants.
Wie das in Lemgo aussehen könne, müssten die Betroffenen jedoch selbst herausfinden. Die „Digitalisierungstechniker“ lieferten dann Lösungen für diese Wünsche, machte Jens-Peter Seick klar. Deshalb habe vor kurzem ein Workshop mit 80 Teilnehmern aus Handel und Gewerbe stattgefunden, der demnächst fortgesetzt werde.
Als viertes Handlungsfeld sei die Energienutzung definiert worden. Hier gelte es durch digatilisierte Erfassungs- und Steuerungssysteme den Energieverbrauch zu optimieren. Noch leichter als bisher könnten beispielsweise „Energiefresser“ gefunden werden und die Verbrauchsspitzen könnten in einem vernetzten System so aufeinander abgestimmt werden, dass die Energieerzeugung reduziert werden könne.
Jens-Peter Seick betonte, dass das Fraunhofer-Institut mit den Hochschuleinrichtungen als Träger des Projekts „Lemgo digital“ für die Umsetzung der Maßnahmen nicht verantwortlich sei. Sie organisiere die Bürgerbeteiligung zur Ideenfindung und Planung und entwickle digitale Werkzeuge zur Erprobung. Die Lemgoer Bürgerinnen und Bürger müssten schließlich selbst entscheiden, was sinnvoll sei, und müssten die Realisierung auch selbst in die Hand nehmen.
In der abschließenden Diskussion wurde dieser Beteiligungsansatz ausdrücklich befürwortet, aber auch darauf hingewiesen, dass es nicht zu einer Kluft zwischen den interessierten Nutzern der digitalen Techniken und den eher Zurückgebliebenen kommen dürfe. Alle Bürgerinnen und Bürger, gerade auch Ältere, müssten beteiligt werden und Nutznießer digitaler Verbesserungen werden. Wenn es um die Einschätzung der Folgen für jede Person und die Gesellschaft insgesamt gehe, müsse schon in der Schule fundierte Medienbildung stattfinden.
Man könne sich nicht blind auf die Fortschritte der Digitalisierung verlassen, machte Hermann Haack abschließend deutlich. Notwendig seien auch Experten für „Digitalisierungsfolgenabschätzung“. Darüber werde die Lippische Gesellschaft für Politik und Zeitgeschichte in nächster Zeit verstärkt diskutieren.