(RE) Wir haben uns vorgenommen, Bürgerbeteiligung auf EU-Ebene zu erkunden. Dazu schauen wir uns beispielhaft ein EU-Beteiligungsverfahren an von der persönlichen E-Mail-Nachricht über neue Verfahren bis zu konkreten Vorschlägen aus der europäischen Bürgerschaft. Die einzelnen Verfahrensschritte werden erkennbar. Es wird die Zusicherung gegeben, von der Europäischen Kommission „gehört“ zu werden, so dass die Vorschläge in die Verordnungen und Gesetzesvorschläge eingearbeitet werden können. Schauen wir einmal genauer hin.
Nach einer Anmeldung und Registrierung erhält man regelmäßig E-Mail-Nachrichten über die Eröffnung neuer Konsultationen, z.B. so:
Benachrichtigung über öffentliche Konsultationen der Europäischen Kommission
SG-COMMISSION-AT-WORK-NOTIFICATIONS@ec.europa.eu
⇒ Hinweis: Die eingefügten Texte können durch einen Klick vergrößert und lesbar gemacht werden
Nun schaut man sich die Ankündigungen für die Konsultationen an und filtert nach Interessen und Wichtigkeit. Nehmen wir einmal an, die Konsultation zu „Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern: Erkennung, Entfernung und Meldung illegaler Online-Inhalte“ wird für wichtig gehalten, dann klicken wir uns weiter in das Verfahren hinein.
Es werden nun weitere Informationen zur Problemlage und zum Verfahren gegeben – verbunden mit der Aufforderung zur Beteiligung.
Dazu gehört zum Beispiel die Information, dass Beteiligung bis zum 15. April möglich ist und dass die Vorschrift noch im Jahre 2021 eingeführt werden soll.
Wir erfahren dann, dass es bereits 41 Stellungnahmen gibt – in allen möglichen Sprachen selbstverständlich. Also suchen wir nach einer Stellungnahme aus Deutschland und finden einen Text von der Organisation „Kinder schützen – Betroffene stützen“ (www.kinderschuetzen-betroffenestuetzen.de“) aus Deutschland, deren Organisationsgröße sehr klein sei (1 bis 9 Beschäftigte). Sie schreiben zunächst etwas zur Ausgangslage und machen dann Handlungsvorschläge.
Wir finden dort Stellungnahmen verschiedener Nicht-Regierungsorganisationen oder von Unternehmensverbänden, auch von GOOGLE und von der UNICEF, aber auch eine Reihe anonymer Stellungnahmen, die ihre Namen nicht veröffentlicht sehen mögen. Die EU-Kommission bearbeitet die Stellungnahmen und veröffentlicht einen Bericht über die Berücksichtigung.
Ein ganz spezielles Beteiligungsverfahren nennt sich „Fit for Future“. Dazu heißt es: „Die Plattform „Fit for Future“ unterstützt die Kommission dabei, bestehende Rechtsvorschriften zu vereinfachen, den Verwaltungsaufwand zu verringern und sicherzustellen, dass EU-Rechtsvorschriften insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung zukunftstauglich sind. Bringen Sie sich ein, damit das EU-Recht zukunftsfähig und effizienter wird!“
Wir können also feststellen: Es gibt vielfältige EU-Beteiligungsmöglichkeiten. Zurzeit gibt es nicht weniger als 2025 öffentliche Konsultationen. Natürlich ist es nicht ohne Mühe, sich dabei zu beteiligen. Und natürlich fällt dies professionellen und großen Organisationen leichter als kleinen oder gar einzelnen Personen. Aber möglich ist vieles.
Auch wegen dieser Schwierigkeiten zur Beteiligung werden zurzeit Verfahren entwickelt, die eine vorbereitete feste Struktur haben, bei denen inhaltliche Schwerpunkte ausgewählt worden sind und die Beteiligung unterschiedlicher Bürgerinnen und Bürger – möglichst nach dem Zufallsprinzip ausgewählt – professionell unterstützt wird.
Mit der Beteiligung der Bertelsmann-Stiftung hat es bereits solche Projekte gegeben. Auch die europäischen „Zukunftskonferenzen“ werden sich an solchen Grundsätzen orientieren.