EU vielleicht doch besser als ihr Ruf

Foto: UweWagschal/pixelio.de

(RE) Auf Brüssel lässt`s sich trefflich schimpfen. Weit weg in ihren Bürotürmen haben die in Brüssel überhaupt keinen Bezug zu den Problemen vor Ort. Mit ihren Verordnungen schaffen sie nur immer noch mehr Probleme. In lockeren Gesprächsrunden kann man sich leicht in diese Kritik weiter hineinsteigern, und viele Einzelbeobachtungen sind wahrscheinlich auch berechtigt. Befeuert wird die Kritik immer wieder durch die nationalen Regierungsvertreter*innen und die entsprechende Medien-Berichterstattung. Alles, was eher auf Kritik stoßen könnte, wird Brüssel zugeschoben. Viele Regierungsvertreter*innen tun so, als träfen sie sich in den Ministerräten nur, um heroisch für die eigene nationale Sache zu kämpfen. Klar, das ist Politik-Marketing, untergräbt aber erkennbar die europäische Idee – und untergräbt die Erfolge sowie die Möglichkeiten einer gemeinsamen europäischen Politik.

Versetzen wir uns jedoch einmal in die Situation von Europa-Politikern und Politikerinnen oder Verantwortlichen der Europäischen Kommission. Auch die fragen sich oft, was sollen wir tun, um unsere Arbeit verständlich und transparent zu machen. Was sollen wir tun, um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger an unseren Entscheidungsprozessen zu beteiligen? Wie sollen wir die Bürgerinnen und Bürger von der europäischen Politik überzeugen?

Kommissionspräsidentin Ursule von der Leyen hat bei ihrem Amtsantritt auf die kritische Distanz vieler Bürgerinnen und Bürger mit der Absicht reagiert, Bürgerbeteiligung durch europäische „Zukunftskonferenzen“ zu ermöglichen. Wir haben uns als LGPZ intensiv damit auseinandergesetzt und werden das auch weiterhin tun. Durch die Corona-Krise ist dieses Vorhaben zunächst verschoben worden. Mit der Europaabgeordneten Gabriele Bischoff werden wir in Kürze über das Bürgerbeteiligungsprojekt „Europäische Zukunftskonferenzen“ sprechen.

Es gibt schon seit einiger Zeit ein Beteiligungsverfahren der Kommission an Verordnungen und Gesetzen, das wahrscheinlich nur wenigen bekannt ist, an dem sich aber jeder und jede mit eigenen Vorschlägen und Hinweisen beteiligen kann. Die Bürger*innenvorschläge werden dann in die Beratungen der Kommission und damit auch in die parlamentarischen Beratungen aufgenommen.

Alibi oder Chance? Eine Chance zur Information über den laufenden Politikbetrieb ist es allemal. Wahrscheinlich ist eine Beteiligung einzelner nur in Fragen möglich, in denen durch eigene Betroffenheit und Erfahrung viel Sachkunde und Engagement entstanden sind. Etwas anders sieht es schon für Bürgerinitiativen und Nicht-Regierungsorganisationen aus, selbstverständlich auch für Parteigruppierungen, die ja eh an der politischen Willensbildung mitwirken sollen. Auch Unternehmensinteressen erhalten dadurch zusätzliches Gewicht.

Um zu beurteilen, ob dieses europäische Beteiligungsinstrument eher Alibi oder Chance ist, schauen wir uns ein solches Verfahren einmal an einem Beispiel an.

Diesen Beitrag teilen:

Kommentare sind deaktiviert.