Das Europa-Jahresthema der Lippischen Gesellschaft für Politik und Zeitgeschichte bestimmt auch die Themenfahrt 2019. 

Vom 16. bis 20. Oktober 2019 geht es in die mehrere Staatsgrenzen überschreitende „Euregio Saar-Lor-Lux“. Es geht nach Saarbrücken, Luxembourg, Saarlouis, Metz,, Verdun und Aachen.

Vorsitzender Hermann Haack erläutert in einem Brief an die Mitglieder die Überlegungen zu dieser Themenfahrt des Jahres 2019:

„Liebe Mitglieder*innen,

auf der Klausurtagung im Herbst dieses Jahres haben wir uns ausführlich über die Themenreisen unterhalten und sind dabei zu dem Schluss gekommen, dass diese ein zentrales Element unserer Lippischen Gesellschaft sind.

In den letzten Jahren stand das Thema, wie geht man in einer globalisierten Welt mit dem daraus resultierenden Strukturwandel um und was sind die gesellschaftlichen, politischen Antworten darauf, im Mittelpunkt unserer Themenreisen, im Jahr 2018 ergänzt durch die Migrationsfrage. Wir haben auf unseren zahlreichen Reisen unterschiedliche Facetten des Themas betrachtet und uns vor Ort informiert.

Im Jahr 2019 stehen die Wahlen zum Europäischen Parlament an, Gelegenheit also, gemeinsam eine Bilanz zu ziehen. Wie auf unserer Website nachzulesen ist, bereiten wir eine Aktion zur Europa-Wahl vor. Da wird Gelegenheit sein, das Thema abschießend zu vertiefen.
Wir waren eigentlich immer in urbanen Zentren zu Besuch, aber was ist mit den Regionen in Europa? Dieser Frage wollen wir im Rahmen unserer diesjährigen Themenfahrt nachgehen.

Markant ist, dass im Europa der 27 es Regionen gibt, die Eigenständigkeit bis zur Herstellung eines formalen Staates einfordern, Katalonien oder das Wiederauftauchen der Irlandfrage im Zusammenhang des Brexits.
Dabei spielt oft der Zentralismus eine große Rolle, so ist dafür „Brüssel“ zur Chiffre geworden. Ist nicht die Bewegung der „Gelben Westen“ in Frankreich ein Ausdruck der Vernachlässigung der Bedürfnisse des ländlichen Raumes. Paris – der Nabel der Welt und der Rest des Landes?
Ist „Brüssel“ nur für urbane Zentren, für Metropolregionen zuständig? Im Verlauf der Armutdebatte gab die SPD Spitzenkandidatin zur Europa Wahl, die derzeitige Justizministerin Barkley, den Hinweis, dass es auch eine Armut im Gefälle von Stadt Land gibt.

Nun wollen wir zu allem in der Euregio Saar – Lor – Lux genauer hinsehen.
Euregio bedeutet eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Ziel, in der Ermittlung gemeinsamer Potentiale und Differenzen eine Strukturentwicklung einzuleiten, die auf eine Verbesserung der Lebensgrundlagen zielt. Gewissermaßen eine andere Form von Strukturwandel. Wie immer verbinden wir dabei das Aktuelle mit dem Historischen.

Einige Erläuterungen zu dem Programm:

Am ersten Tag machen wir einen Halt in Aachen, besichtigen den Dom und haben dann ein Gespräch mit der Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen. Es geht dabei um die Ideengeschichte der Europäischen Union. Die Stiftung wurde 1950 privat von Aachener Bürger gegründet, erfuhr vor dem Hintergrund ihres Erfolges 1997 eine formale Einrichtung als Stiftung und ist heute mehr als eine Agentur zur Preisverleihung. Wir wollen also mit der historischen Kernfrage zur Gründungsgeschichte der Europäischen Union beginnen:

396 nach Christi zerfällt das Römische Reich. Es bilden sich germanische Reiche, u.a. das von Karl dem Großen. Gibt es eine politische Erbfolge nicht nur an Hab und Gut, sondern auch eine ideengeschichtliche, die zum materialisierten Inhalt den Erhalt der römischen Rechtsordnung und der Kirche,- seit Hadrian ist das Christentum Staatsreligion – hat. Wer war die handelnde Elite, die diesen Transformationsprozess gestaltete und was deren Interessen? Und wie haben die das gemacht?

Am zweiten Tag gilt unser Interesse der Gründungsgeschichte der Euregio Saar – Lor – Lux. Ausgangspunkt zur Gründung von Euregionen waren die sich abzeichnenden regionalen Verflechtungen über nationale Grenzen hinaus, die nun zu einer Form von Regionalpolitik strukturiert wurden. Wie wird das organisiert, mit welchen Erfolgen. Dazu fragen wir nach entweder in der Staatskanzlei /Ministerium oder im Institut der Großregion. Gegründet wurde die Euregio 1995, als Initiative gab es diese schon vorher auf privater Basis seit 1969.

Wir fragen nach den Projekten der regionalen überstaatlichen Zusammenarbeit. Welche Erfolge bzw. Misserfolge haben sich ergeben? Ist die Idee der Euregio „unten“ bei der Bevölkerung angekommen?

Der Besuch des Weltkulturerbes der Völklinger Hütte bedarf keiner näheren Erläuterung. Zum Grundsätzlichen empfehle ich, sich den Film in der Arte Mediathek „Die Steinkohle“ anzusehen. Wichtig noch einmal zum Verständnis des Strukturwandels „Industrielle Revolution“ auf der Grundlage der Kohle.

Luxembourg ist das Ziel unseres dritten Tages. Wir besuchen dort das Büro der Euregio Saar – Lor- – Lux. Die Firma Villeroy und Boch AG spricht dort ebenfalls für sich.

In diesem Jahr gedachten wir des 100-jährigen Ausbruchs des 2.Weltkrieges. In der Stadt Metz und der Region Verdun werden wir anschaulich unterrichtet. Wir haben das gewählt, gewissermaßen um uns noch einmal vor Augen zu führen, warum uns die Europäische Union so wichtig ist, entgegen aller Hetzerei. Einer der Gründe, die Montanverträge 1951 zur gemeinsamen Vermarktung von Kohle und Stahl zwischen Frankreich, Belgien ,Deutschland und Holland abzuschießen, war, dass als die Beherrschung der Ressourcen Kohle du Stahl sich zu Konfliktpunkten zwischen den Staaten geworden war und damit diese zur Auslösung des ersten und zweiten Weltkrieges beigetragen hatten.

Auf der Rückfahrt machen wir einen Halt in Trier. Dort schließt sich der Kreis. In Aachen fragten wir nach dem Transformationsprozess vom römischen Reich zum Reich Karl des Großen, hier in Trier war zeitweilig der Mittelpunkt des römischen Reiches. Trier war zeitweise mehrmals ein Sitz der jeweiligen Kaiserfamilie. Historisch durchschreiten wir einen Zeit Horizont von mehr als 2.000 Jahre.

Ihnen, Euch wünsche ich viel Vergnügen.

Hermann Haack